Ein Nekrolog beginnt naturgemäß mit dem Ende: Tschira starb am 31. März 2015 unerwartet an einem Herzinfarkt. Doch sein Schaffen und nicht zuletzt seine Stiftungen werden ihn noch lange überdauern. Nach Abitur und Physik-Studium in Karlsruhe arbeitete der 1940 in Freiburg geborene Tschira von 1966 bis 1972 als Systemberater bei IBM in Mannheim. 1972 war Tschira einer der fünf Gründer der Systemanalyse und Programmentwicklung GbR in Weinheim, aus der 1988 die SAP AG hervorging. 26 Jahre später wechselte er in deren Aufsichtsrat. Seit diesem Rückzug aus dem SAP-Tagesgeschehen war Tschira als Mäzen und Förderer tätig. Der Wein- und Musikliebhaber und zweifache Familienvater kochte gerne, so kann man lesen, und ließ anscheinend nie jemanden im Regen stehen. Sein unerwarteter Tod rief viele bestürzte Reaktionen hervor. Bewundernde, liebevolle und traurige Nachrufe haben sein Leben, seine Leistungen und seine Persönlichkeit ausführlich gewürdigt, im Folgenden zitieren wir einige Auszüge:
Der Software-Milliardär:
David Jolly, New York Times: »Klaus E. Tschira, whose pioneering role in the business software revolution made him one of Germany’s richest men, died on Tuesday in Heidelberg. He was 74. (…) »We wanted to develop the software within IBM,« Hasso Plattner, one of Mr. Tschira’s colleagues at the time, said in an interview. »But the conditions weren’t right. Management probably didn’t see the potential.« (…) So Mr. Tschira, Mr. Plattner and three other colleagues — Dietmar Hopp, HansWerner Hector and Claus Wellenreuther — left IBM to develop the software on their own. They formed a company called SAP, short for Systems, Applications and Products in Data Processing. (…) »We had no computer of our own, so we had to work on customers’ computers, usually at night,« Mr. Plattner said. »That was stressful.« (…) Though it was »a team effort,« Mr. Plattner said, Mr. Tschira played a major role in developing all three of those products and led the development of software used by human resources departments to manage hiring, payroll processing and employee records.«
Der Kommunikator:
Bei der Gründung des Nationalen Instituts für Wissenschaftskommunikation (NaWik) sagte Klaus Tschira am KIT: »Ich bin fest davon überzeugt, dass die Wissenschaft eine Bringschuld hat, der Öffentlichkeit ihre Erkenntnisse und Denkweisen näherzubringen.« Prof. Dr. Carsten Könneker, Chefredakteur Spektrum der Wissenschaft schreibt: »… gründeten die Klaus Tschira Stiftung und das Karlsruher Institut für Technologie 2012 das NaWik, dessen Kooperationspartner von Beginn an der Verlag Spektrum der Wissenschaft war. Auch wenn ihm Wertschätzung für Wissenschaft sehr am Herzen lag, war Klaus Tschira nicht darauf aus, die Gesellschaft aus allen Kanälen gleichsam mit Forschung zu beschallen. Marketing und eine überzogene Darstellung von Errungenschaften der Wissenschaft, wie sie regelmäßig zu lesen, zu hören und zu sehen sind, waren sein Ding nicht.«
Der Astronom:
Wegen seines Engagements im Rahmen der Entwicklung des Kleinsatelliten DIVA wurde im Jahr 2000 ein Asteroid nach ihm benannt. Markus Pössel, www.haus-der-astronomie.de, schreibt: »Klaus Tschira saß stets ein jungenhafter Schalk im Nacken. Unumwunden erzählte er jedem, wie er als Schüler von seinen Karlsruher Klassenkameraden »Planetenheini« gerufen wurde, weil er sich brennend für Astronomie und Naturforschung interessierte. Wohl auch aus dieser Erfahrung heraus setzte sein späteres Engagement für die Wissenschaftskommunikation bereits im Kindergarten an. So gründete er die Forscherstation, welche bereits viele Erzieher sowie Grundschulpädagogen fortbildete (…) Doch er baute auch gerne: »Etwa das spektakuläre Haus der Astronomie am Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, welches der Spiralgalaxie M51 nachempfunden ist. Oder – ganz aktuell – die »ESO Supernova« in Garching, die 2017 eröffnet werden soll.«
Der Gründer und Mäzen:
Bereits 1995 hatte Tschira die Klaus Tschira Stiftung in Heidelberg gegründet, die sowohl Schüler für Naturwissenschaften und Informatik begeistern als auch Spitzenforscher unterstützten sollte. Sie ist bis heute eine der größten Stiftungen Deutschlands. Später kam das European Media Laboratory als Institut für angewandte Informatik hinzu. »Klaus Tschira war ein Mäzen, der seine lebenslange Leidenschaft für die Naturwissenschaften in unzählige Projekte gegossen hat«, sagte Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Er sei stets unprätentiös und auf die Sache konzentriert gewesen. »Wir sind ihm zu großem Dank verpflichtet. Seine prägenden Beiträge für die Wissenschaft werden wir sehr vermissen«, sagte Bauer. Seinem finanziellen Engagement ist es beispielsweise zu verdanken, dass das Deutsche Museum den Nachlass von Konrad Zuse erforschen kann, den Tschira der Familie Zuse abgekauft hatte. Mit der Gerda und Klaus TschiraStiftung kaufte er dem Freistaat Sachsen die Wilhelm-OstwaldGedenkstätte ab, um sie als »Denkstätte« für Biologen und Chemiker zu betreiben.«
Dietmar Hopp sagte über seinen verstorbenen Freund: »Auch in kritischen Phasen verlor er nie den Blick für das Wesentliche und Aufgeben war nie eine Option für ihn – das hat ihn für uns alle so wertvoll gemacht.«
Susann Mathis